Projekt

Die A5 und der Twanntunnel

1969 bis 1973 wurde am linken Ufer des Bielersees die zweispurige Nationalstrasse A5 gebaut. Mit der Eröffnung des Ligerztunnels konnte 1991 die letzte Lücke geschlossen und Ligerz vom Durchgangsverkehr befreit werden. Gegenwärtig saniert der Bund die A5 am Bielersee, um die Sicherheit zu erhöhen und die Lärmemissionen zu reduzieren. Mehr Informationen dazu auf der Webseite des Bundesamts für Strassen (ASTRA).

Mit der Genehmigung des Generellen Projekts für den Twanntunnel sagte der Bundesrat 1991 im Grundsatz Ja zu einem Umfahrungstunnel in Twann, um auch das lärmgeplagte Dorf vom Durchgangsverkehr zu befreien. Dank dem Tunnel kann die bestehende Ortsdurchfahrt zurückgebaut und neu gestaltet werden.

Der Twanntunnel: Herausforderung Ostportal

Verschiedene Ausführungsprojekte für den Twanntunnel stiessen in den Jahren 1992, 1999 und 2007 auf Widerstand – anfänglich vom Gewerbe, später vom Landschafts- und Denkmalschutz. Zuletzt noch umstritten war die Gestaltung des Tunnel-Ostportals und des Halbanschlusses Twann zwischen Twann und Wingreis. Dieser Abschnitt liegt im wertvollen Rebbaugebiet, welches im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgeführt ist.

2010 genehmigte der Bund das Ausführungsprojekt für den Twanntunnel. Zwei Schutzorganisationen fochten die Genehmigung mit Beschwerden an und forderten eine alternative Planung für den Portalbereich. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 2011 und 2016 zugunsten der Schutzorganisationen und forderte den Kanton Bern auf, den Portalbereich landschaftsverträglicher zu gestalten. Gleichzeitig hob es die Plangenehmigung für den Portalbereich auf. Im Abschnitt des eigentlichen Tunnels blieb die Genehmigung von 2010 hingegen rechtskräftig.

Durchbruch dank Partizipation

Nach dem Gerichtsentscheid von 2016 schlug der Kanton Bern neue Wege ein. Er lud die Schutzverbände, die Gemeinde Twann und die Rebbauern ein, das Ausführungsprojekt gemeinsam mit der Projektleitung des Tiefbauamts (TBA) und den beauftragten Fachbüros zu optimieren. In mehreren Workshops und bilateralen Gesprächen konnten alle Beteiligten ihre Interessen anmelden und Vorschläge einbringen. Der Mitwirkungsprozess war erfolgreich: Am dritten Workshop im Juni 2019 wurden die letzten strittigen Fragen geklärt und eine breit akzeptierte Lösung für eine landschaftsverträgliche Gestaltung des Ostportals gefunden. Damit wurde der Weg frei für die öffentliche Auflage des Ausführungsprojekts «A5 Twanntunnel, Ostportal» vom 1. bis 30. November 2019.

«Dieses Vorgehen ist modellhaft»

Raimund Rodewald (Geschäftsführer Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, links) und Stefan Graf (Abteilungsleiter Nationalstrassenbau, TBA) im Gespräch >> TBA update

Das Ausführungsprojekt (AP)

Das im November 2019 öffentlich aufgelegte Ausführungsprojekt «A5 Twanntunnel, Ostportal» umfasst einen Abschnitt von rund 500 Metern Länge, wovon 120 Meter unterirdisch verlaufen (Erstellung im Tagebau mit nachträglicher Überdeckung). Im Westen schliesst der Abschnitt an den 1,7 Kilometer langen und bereits genehmigten Tunnelabschnitt an. Beim Tunnelportal in rund 10 Meter Tiefe erreicht die zweispurige Fahrbahn das Tageslicht und steigt dann stetig hoch auf das Niveau des heutigen Trassees. Kurz vor der Einfahrt von Wingreis in die A5 mündet die Neubaustrecke in die bestehende Strasse.

Gemäss der aktuellen Projektierung betragen die Kosten für den gesamten Twanntunnel rund 227 Millionen Franken. Davon entfallen 60 Millionen auf das Ostportal (inkl. Halbanschluss) und 167 Millionen auf den bereits genehmigten Tunnelabschnitt.

Die Ausfahrt nach Twann von Biel her befindet sich kurz nach Wingreis. Die Ausfahrtsspur folgt der A5 bis zum Tunnelportal und quert die gedeckte Autobahn gleich anschliessend. Die Einfahrt von Twann her kommend auf die A5 in Richtung Biel verläuft parallel dazu seeseitig der A5 im Bereich der heutigen Strasse.

Der Veloverkehr von Biel her kommend verlässt die A5 bei der Ausfahrt Twann auf einem separaten Radstreifen auf der Ausfahrtsspur. Von Twann her kommend gelangt der Veloverkehr auf einem Radstreifen auf der seeseitigen Einfahrtsspur auf die A5 Richtung Biel. Beide Radstreifen sind im Bereich der Neubaustrecke mindestens 1,8 Meter breit.

Parallel zum bergseitigen Radstreifen verbindet ein mindestens 1,8 Meter breiter Gehweg Twann mit Wingreis. Er steigt von Wingreis her langsam in die Höhe und führt oberhalb der ersten Stützmauer bis zum Tunnelportal, wo er die gedeckte A5 überquert, um gleich anschliessend in die verkehrsberuhigte Ortsdurchfahrt Twann zu münden.

Bergseitig des Gehwegs stützt eine Trockensteinmauer den steilen Hang ab. Darüber liegt eine 2 Meter breite Bewirtschaftungspiste, die den Rebberg für landwirtschaftliche Kleinfahrzeuge erschliesst.

Die bestehende Unterführung «Unter Steedli» wird ausgebaut und verbindet den Strandweg mit dem neuen Gehweg oberhalb der ersten Stützmauer. Die Unterführung dient neu auch als Ausgang des Fluchtwegs des Twanntunnels.

Beim Bau der bergseitigen Stützmauer kommen innovative Lösungen zur Anwendung. Es handelt sich um eine zweistufige Konstruktion: Entlang der Ausfahrtstrecke mit dem Radstreifen stützt eine Betonmauer den Hang. Sie wird mit speziell gestalteten Lärmschutzelementen verkleidet, die sich bezüglich Farbe und Struktur gut in das Landschaftsbild einfügen. Oberhalb dieser Mauer liegt der Gehweg, der Wingreis mit Twann verbindet. Die zweite Stützmauer über dem Gehweg ist eine ortstypische Trockensteinmauer aus Kalkblöcken.

Die verwendeten Materialien und der zweistufige Aufbau der Mauer stellen sicher, dass sich das Bauwerk optimal in die Landschaft von nationaler Bedeutung integriert. Entwickelt wurde dieses Konzept gemeinsam von den Schutzorganisationen und dem kantonalen Tiefbauamt im Rahmen des partizipativen Planungsprozesses.

Der Bau des Twanntunnels erfordert Baustellen-Installationsplätze im Bereich des Tunnelportals. Im Rahmen des partizipativen Planungsprozesses des kantonalen Tiefbauamtes mit den Schutzorganisationen, der Gemeinde und den Winzern wurde ein Konzept entwickelt, dank dem die Landschaft und die Anwohnerschaft bestmöglich vor unerwünschten Beeinträchtigungen geschützt werden.

Vorgesehen sind drei Installationsplätze. Der erste befindet sich beim Tunnelportal, die beiden anderen beidseits der Einfahrt von Wingreis in die A5. Der bergseitige wird teilweise terrassiert (zwei Höhenstufen), um den Einschnitt in den Hang möglichst gering zu halten. Die Erschliessung der Baustelle erfolgt weitgehend über die Einfahrt von Wingreis in die A5, die für den Privatverkehr gesperrt wird.

Zum Schutz der Anwohnerschaft vor Lärm und Staub wird zwischen den Installationsplätzen 2 und 3 und den Wohnhäusern von Wingreis eine Schutzwand errichtet. Dazu kommt ein Erdwall aus zwischengelagerter Kulturerde, der den Installationsplatz 2 zusätzlich abschirmt. Zwischen der Schutzwand und den Häusern wird ein Mindestabstand von 10 Metern eingehalten.

Die Bauleitung wird die Bevölkerung laufend und frühzeitig über die bevorstehenden Bauarbeiten informieren. Eine Ansprechperson für die Anwohner wird sicherstellen, dass deren Anliegen nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Der Bau des Tunnelportals und des offenen Abschnitts mit dem Halbanschluss Twann erfolgt «unter Verkehr». Das heisst, dass der motorisierte, der Velo- und der Fussverkehr die Baustelle ständig passieren können. Weil die Baustelle im Strassenraum der A5 liegt, werden die Arbeiten in Etappen (Bauphasen 1 bis 4) aufgeteilt. In jeder Etappe konzentrieren sich die Arbeiten auf einen bestimmten Bereich im Baustellenperimeter. Der Verkehr wird jeweils auf provisorischen Fahrbahnen um diesen Bereich herumgeführt.

Zu den ersten Baumassnahmen gehört die Abtragung der wertvollen Humusschicht auf den für die Baustelle beanspruchten Flächen. Das Erdreich wird nach Abschluss der Bauarbeiten wieder an den ursprünglichen Orten ausgebracht. Auch Trockensteinmauern, die vorübergehend weichen müssen, werden wieder im ursprünglichen Zustand aufgebaut.

Inbetriebnahme Twanntunnel und Umgestaltung Ortsdurchfahrt

Für die Realisierung des Twanntunnels sowie des Halbanschlusses Twann ist eine Bauzeit von ungefähr 10 Jahren vorgesehen. Die meisten Arbeiten erfolgen unterirdisch. Der Baubeginn hängt insbesondere davon ab, wann ein genehmigtes Ausführungsprojekt für den Abschnitt des Ostportals vorliegt. Bei einem optimalen Verlauf des Genehmigungsverfahrens, der Ausschreibung und Vergabe der Bauaufträge sowie der Bauarbeiten ist eine Inbetriebnahme frühestens 2035 möglich.

Nach der Inbetriebnahme des Twanntunnels ist der Weg frei für den Rückbau und die Neugestaltung der bestehenden Ortsdurchfahrt Twann. Diese Arbeiten sind Bestandteil des 2010 genehmigten Tunnelabschnitts. Die Realisierung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Twann-Tüscherz. Es werden attraktive öffentliche Räume gestaltet und optimale Bedingungen für den Velo- und den Fussverkehr geschaffen.